Der heutige Arbeitstag begann um 07:30 Uhr, als der deutsche Botschafter in Finnland die Mitglieder der deutschen Parlamentarierdelegation in einem einstündigen Briefing Informationen über Finnland gab. Danach begann die Konferenz. Parallel dazu hatte ich am Vormittag meinen Termin im Wirtschaftsministerium. Nach diesem Gespräch fuhr ich zur Interparlamentarischen Konferenz.
Am heutigen Tag waren die Themen Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa die wichtigsten Beratungsschwerpunkte. Weiterhin wurde in den mehrstündigen Diskussionsrunden überlegt, wie die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten weiter gestaltet werden soll. Es zeigte sich, dass die Abgeordneten aller Parlamente der Staaten der Europäischen Union hier sehr unterschiedliche Ideen und auch Herangehensweisen vorschlugen. Meine Beobachtungen der letzten drei Konferenzen (Sofia 02/2018, Wien 10/2018, Bukarest 03/2019) haben sich verfestigt, dass die Mitgliedsstaaten grob gerechnet in drei Meinungslager gespalten sind: 1.die „alte EU“ (also z.B. Deutschland und Frankreich), 2.die Visegradstaaten (Polen, Böhmen, Ungarn, Slowakei, Österreich, Slowenien) mit den baltischen Ländern; 3.die Balkanstaaten.
Keine gemeinsamen Nenner bei China- und Rußland-Themen
Auch die Herausforderungen mit der Wirtschaftsmacht China und die Umgangsformen mit Russland ließen keine gemeinsamen Nenner erkennen. Alle Beteiligten waren sich darüber einig, dass nur langwierige Verhandlungen die Lösung sein können. Von keinem Teilnehmer kam auch nur ansatzweise der Vorschlag, dass zur Durchsetzung von europäischen Interessen auch militärische Gewalt eine Option sein könnte – außer wenn die grundlegenden Belange der EU in Gefahr seien. Unabhängig davon waren sich alle Beteiligten darüber einig, dass die Verteidigungsausgaben aller Staaten der EU erhöht werden müssen. Das mittelfristige Ziel sollen die von der NATO festgelegten 2% des BIP des jeweiligen Staates sein. Vorgeschlagen wurde aber auch, dass diese gewaltigen Summen nicht nur in die reine Rüstung gesteckt werden sollten. Vielmehr müssen die Gelder auch in die Wissenschaft und Forschung der Verteidigungsindustrie investiert werden. Hier wird der Ausbau der Möglichkeiten zur Bekämpfung von Cyberangriffen ein Schwerpunkt sein.
Mehr Zusammenarbeit in Europa ist geboten
Einen langwierigeren Diskussionsraum nahm die Wirtschaftsmacht China ein. Hier wurde folgender Satz geprägt: „Die kleinen Staaten Europas wissen, dass sie klein sind; die großen Staaten Europas haben es noch nicht begriffen, dass sie gegenüber China klein sind!“ Wenn also Europa weiterhin eine Rolle in der Weltwirtschaft spielen will, muss es mehr zusammenarbeiten. Insbesondere ist es daher notwendig, dass der Ausbau der europäischen Infrastruktur (Magistralen, Schienen, Stromnetzte, usw.) in den Händen der Europäer bleiben muss und nicht aus finanziellen Gründen den strategisch denkenden Asiaten überlassen werden darf. Der heutige Verhandlungstag endete gegen 23:00 Uhr.
Ihr
CHristoph Neumann